Scènes bibliques
(Dieu est un fumeur de havanes*)
Der Titel des zentralen Werkes des Zyklus Scènes bibliques gibt unmissverständlich mit einer Verballhornung den Ton an: aus da Vincis „L´ultima cena“ macht Zgraggen „La cena degli ultimi“ – Das Abendmahl der Letzten. Und tatsächlich sehen sie ziemlich heruntergekommen aus, diese 12 Apostel mit ihrem Sonnenkönigchristus. Zgraggen setzt sie zwar in den vier klassischen Dreiergruppen da Vincis mit der mittigen Christusfigur in Szene, das aber in einer Art Akkordeon-Rahmen, welcher verschiedene Geometrien annehmen kann. Die Figuren selbst überbieten sich in gegenseitig Groteskem, oszillieren von schrecklichen Fratzen bis hin zu eher verkommenen Dekadentchen. Da ist nichts von der behäbig-ergreifenden Würde mit der Biblisches in der Regel (ausser in der Karikatur natürlich) abgebildet wird.
Antoine Zgraggen lässt auch den erschöpfenden Gott nicht eben gut wegkommen, versieht er ihn gerade noch mit einem einzigen Auge und rückt ihn damit eher in die Sphären eines Spezimen der etwas sonderbaren und sonderlichen Cyklopen aus dem griechischen Mythologien-Arsenal.
Ebenso nicht wirklich staatmachend, der sich ausruhende Gott am siebten Tag der Schöpfung („Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, darum dass er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken, die Gott schuf und machte“ 2.Mose 20.8-11 - „Dieu est un fumeur de havanes“, Serge Gainsbourg) welcher, Zigarre rauchend, eher einem fetten Taugenichts gleicht, als dem Gottesbild, welches wir gemeinhin im Kopf haben.
Vielleicht noch am freundlichsten behandelt ist die „Sich hinterfragende Maria nach der Verkündigung durch den Engel Gabriel“. Zgraggen zeichnet sie zwar gewagt - im Gegensatz zur Konvention - in völliger Nacktheit. Doch verleiht ihr der Titel vielleicht jenes Menschliche, welches nur zu oft in der sakralen Überhöhung der Mutter-Gottes-Figur auf der Strecke bleibt.
Von Karikaturen kann in dieser Ausstellung nicht die Rede sein. Potenziert der Karikaturist gewisse Wesensmerkmale seiner Figuren, geht Zgraggen in seiner Abbildung und Untertitlung der biblischen Wesen doch eher jenen einer phantastisch-satirisch unterlegten Interpretation.
Man ist an die postapokalyptische Welt Kevin Reynolds „Waterworld“ oder an den boshaften Strich Honoré Daumier's erinnert. Unverhohlen indes der Schalk, der aus den Figuren spricht... auch wenn Blasphemisches zu orten nahe liegt. Und unverhohlen auch das Kindliche, welches trotz allem Biss dieser onirisch-verspielten Kopffüsslerwelt eigen ist.
Gott – ein Havanna-Zigarren-Raucher. So what?
*Chanson von Serge Gainsbourg