Pia Maria Martin hat sich einen Namen gemacht mit Filmen, bei denen sie auf die Tradition des Trickfilms zurückgreift der noch ganz ohne digitale Effekte auskommt. Dabei bedient sie sich der Stop Motion Technik, einer Filmtechnik, mit der unbeweglichen Dingen Leben eingehaucht werden kann. Gegenstände werden animiert, indem sie für jedes neue Bild immer nur geringfügig verändert werden. Diese Technik war schon Ende des 19. Jahrhunderts bekannt, Willis O´Brien verhalf ihr mit seinem 1932 entstandenen Film King Kong zum großen Durchbruch in der Kinowelt. So räumt sich z.B. in „tight“ ein Zimmer, das im Chaos zu versinken droht von selbst auf, bis alle Gegenstände ihren eigentlichen Platz wieder eingefunden haben. In „be tricky!“ begibt sich der gefiederte Kopf eines Hühnchens auf die Suche nach dem Rest seines filetierten Körpers. Mühsam arbeitet es sich aus einem mit Essensresten gefüllten Mülleimer auf die Arbeitsplatte einer Küchenzelle um dort Beine, Rumpf und Flügel mit dem roten Faden eines Topflappens akkurat zusammen zu flicken. Zwischen Kinderfilm und Splatter-Movie ist auch die Theatralik des auf Super 8 gedrehten Films „Kalakeittos“ (auf finnisch Fischsuppe) angesiedelt. Dramatisch untermalt von Tschaikowskys Schwanensee nehmen sich in dem Film, der an die Küchenstücke der klassischen Stillebenmalerei erinnert, zwei Fische wie von selber aus, trennen sich anmutig von ihren Gräten und wandern von der Ballettmusik beschwingt, mitsamt des Gemüses in einen auf dem Herd wartenden Topf. Pia Maria Martin zeigt in ihren Filmen Effekte des Kinos in ihrer unverstellten Rohheit mit dem Charme einer ursprünglichen Authentizität, die die Produktion von Illusion nicht als digitale Simulation, sondern als rein analoges Verfahren des Realfilms versteht.
Paper Blattmacher arbeitet an verschiedenen musikalischen Projekten und betreibt, als Teil einer Gruppe in Stuttgart den „Club für Flüssigkeiten und Schwingungen“. Die Aktionen von Paper Blattmacher sind avant avant im Reich der analogen raum-zeitlichen Simulation. Bei seinem Projekt „Waggon“ organisierte er eine Konzert- und Partynacht in einem stillgelegten Reichsbahnwaggon auf dem Gleiskörper des Stuttgarter Nordbahnhofs. Zum Live-Soundmix von "eins und eins" der Loopmaschine (Eigenbau aus drei Tonbandmaschinen und einem Umspulrahmen) und modularen Synthesizern schien sich der Waggon mit Gästen plötzlich in Bewegung zu setzen, als eine Batterie von Super8 mm-Filmprojektoren Aussichten aus fahrenden Zügen auf die Fenster der Abteile projizierte. Lautsprecherdurchsagen, Bremsenquietschen, Gleisgeklapper, während draußen am Bahndamm der immer gleiche Vorhang schmächtiger Bäume abhaspelt. Noch komplizierter war die Simulation einer Schiffsreise von Rostock nach Hamburg („Reise Reise“, MS Stubnitz,30.6.2001). Hier sollte anhand von Projektionen auf die Bulleyes nicht nur eine zweidimensionale Vorwärtsbewegung simuliert werden, sondern durch sorgfältige Synchronisation der einzelnen 16mm-Loops auch das Stampfen und Rollen des Schiffes auf den Wellen, um eine realistische Illusion zu erzeugen.