Über und unter den Dächern der cargobar Seit November 2005 bespielt das Künstlerduo Bernhard Bretz und Matthias Holliger die Cargo Bar mit einer architektonischen Intervention, die zwei räumliche Ebenen schafft und einen offenen Raum im Raum konzipiert. Die verwegene Konstruktion aus Dachlatten und anderen gefundenen Materialien ist eine gelungene Mischung aus Höhle, Baumhaus, Dachterrasse und Erlebnisplattform. Die Künstler haben ein leicht schräg abfallendes Dach in den Barraum eingebaut und damit ein Oben und Unten sowie ein Innen und Aussen geschaffen. Von oben – der Aufstieg erfolgt über eine Art Hühnerleiter – hat man einen luftigen Überblick über die Geschehnisse in der Bar, während es sich unten im Dunkeln auf Sitzgelegenheiten mit orientalischen Kissen kuscheln lässt. Überhaupt hat die ganze Situation etwas von einem arabischen Bazar mit eingezogenen Dächern, Teppichen und leicht chaotischem Flair. „Der Rauscher“, so der kryptische Titel der Installation, ist angelegt als ein ‚work in progress,’ das mit den Bedürfnissen der Bar und ihren Gästen mit wächst und bis Juni 2006 beständig durch neue Details und Modifikationen verändert wird. So wurde zum Beispiel der obere, hell gehaltene und zuvor offene „Raum“ nach vorne hin durch eine Wand mit verschieden grossen runden und individuell verschliessbaren Fenstermodulen räumlich abgetrennt, welche gleichzeitig als Projektionsfläche für Videos und als Halterung für Lautsprecherboxen dienen. Auch gibt es Sichtfenster, eine Box mit geraden Flächen fürs Gläserabstellen (sehr nützlich beim rauf und runter klettern) und eine Gegensprechanlage für bessere Kommunikation. Mit den gefundenen Materialien und der bewusst improvisierten, wuchernden Bauweise, erinnert die Konstruktion vor allem an die ad hoc Provisorien von shanty towns – eine anarchistische, temporäre und organische Architektur, welche aus räumlichem Mangel Erfindungsreichtum generiert und sich den ständigen wechselnden Gegebenheiten anpasst. Bretz/Holliger, die schon auf verschiedenen Regionalen mit ihren raumgreifenden Installationen Aufsehen erregten, haben die Cargo Bar in eine Miniaturstadtlandschaft verwandelt, einen Spielplatz für Nachtfalter und Barflies. Eva Scharrer, März 2006