Work-in-Progress beschreibt die Arbeitsweise des Künstlers am treffendsten. Seine Arbeiten sind auch am Tag der „Eröffnung“ nicht vollendet, sondern die Vernissage ist für ihn ein weiterer Zwischenschritt im Vollendungsprozess. Die Besucher werden zu Akteuren, die sich aktiv an der Verwandlung der grossformatigen Papierarbeit beteiligen können. Ausgerüstet mit einem Heissluftföhn können die Gäste mit der Installation interagieren und ihre Spuren hinterlassen. Das ursprünglich gefaltete Faxpapier wird am darauf folgenden Tag in Bahnen auf die Wand tapeziert und es entsteht eine grossformatige Wandarbeit, die durch ihre zufälligen Strukturen und Farbverläufe besticht. Auch die filigranen Fadenobjekte werden wieder aufgelöst und daraus entstehen neue Fadenbilder, deren Kartons ursprünglich mit 4 Meter langen Faxpapierrollen umwickelt waren.
Die grossen Cargo Fensterfronten wirken übersät von farbigen Punkten und erst bei näherer Betrachtung erkennt man die filigranen Farbspuren, die der Künstler in den letzten Tagen hinterlassen hat. Diese Arbeit trägt ebenfalls den Titel der Ausstellung. Es ist eine Art Dokumentation der vergangenen Woche. Brauchli hat vom frühen Abend (gelb) bis Barschluss (violett) die Gäste, ihre Trinkgewohnheiten und die dabei entstehenden Gläserkombinationen anhand von farbigen Punkten skizziert bzw. dokumentiert. Jeder Besucher hat auf diese Weise seine ganz eigene Spur hinterlassen. Der Künstler hat diese Skizzen mit Acrylfarben auf Folie adaptiert und auf die Fenster übertragen - durch das Entfernen der Folie entstehen die unterschiedlichen Spuren.
„Meine Arbeiten untersuchen die Rolle des Zufalls in der Kunst. Ich baue Strukturen und Experimente, die das Erfahren des Zufalls ermöglichen. Dies kann im Studio durch das Befragen von Materialien, oder auch durch das Aufzeichnen von Alltagssituationen sein. Meine Arbeiten oft aus Papier, wollen erfahren und berührt werden. Manche entstehen oder entwickeln sich während der Ausstellung weiter.“ (Roland Brauchli, November 2011)

Ausbildung:

MA Fine Arts, University of Arts London

Video und Druck, Cooper Union, New York

Visuelle Kommunikation, HGK Basel

Ausstellungen (Auswahl):

Roland Brauchli, X marks the Bökship, London

Sometimes the Future is the Reason of the Past, TÄT Projekt Raum, Berlin

Arc-en-Ciel, Past Vyner Street, Helvetic Centre, London

Postproduction, Chelsea Library, London

We have nothing in common, Kaleid Editions, London

Summer Show, Camberwell College, London

Print Now, London Art Fair, London